13.06.2022

Event

Serpentine Pavillon von Künstler Theaster Gates

Holz
Der Serpentine-Pavillon 2022 stammt von Theaster Gates. (Foto: Iwan Baan/Serpentine)
Der Serpentine-Pavillon 2022 stammt von Theaster Gates. (Foto: Iwan Baan/Serpentine)

Noch hängen überall die „Union Jacks“ in London – die britischen Flaggen schmückten die Stadt für das 70. Thronjubiläum der Königin. Und schon folgt das nächste kulturelle Ereignis des Sommers: die Eröffnung des Serpentine Pavillon 2022 in den Kensington Gardens. Erstmals ist kein Architekt für den Entwurf verantwortlich, sondern ein Künstler – Theaster Gates.

Die zum Jubiläum eingeweihte „Elizabeth-Line“, eine neue U-Bahnlinie quer durch die Stadt von Reading nach Essex, erhöht die Mobilität der Einwohner tatsächlich spürbar, und viele Londoner stürzen sich an den Wochenenden ins Getümmel von Londons Stadtmitte. Nach den vielen Pandemie-Monaten ist Ausgehen wieder in. Diese Party-Stimmung nutzt auch der diesjährige Serpentine Pavillon. Er wird den ganzen Sommer über mit kulturellen Veranstaltungen, Vorträgen, Konzerten und Firmen-Events der Sponsoren bespielt werden.

Schwarze Kapelle mit Himmelslicht

Dagegen ist das Gehäuse des neuen Pavillons selbst eine ernste, ja fast düstere Erscheinung, eine „Black Chapel“. Auf der Wiese vor der Serpentine Gallery in Kensington Gardens steht ein zehn Meter hoher und im Durchmesser sechzehn Meter breiter, schwarzer Zylinder. Sein Rund wird nur von den zwei hohen, schmalen Eingängen und dem zentralen „Okulus“, einer runden Öffnung im Dach, durchbrochen. Innen bleibt die schwarz gestrichene Holzkonstruktion sichtbar, ausgefacht mit ebenfalls schwarz gestrichenem Sperrholz; man wähnt sich im Inneren eines Gasometers. Hinter einer Wandscheibe, die die Rundung des Raums durchschneidet, verbirgt sich zudem eine Bar.

Serpentine-Pavillon 2022 (Foto: Iwan Baan/Serpentine)
Foto: Iwan Baan/Serpentine

Serpentine Pavillon, ein Gefäß

Hat sich die Pandemie und ihre Schrecken doch unbewusst in der reduzierten Gestalt niedergeschlagen? Oder geht es um ein Bekenntnis zur Farbe Schwarz? Der diesjährige Gestalter ist Theaster Gates, erstmals ein bildender Künstler und kein Architekt. Er arbeitete mit dem Büro David Adjaye zusammen. Trotz großer internationaler Anerkennung ist die Arbeit des Künstlers stark in seiner Heimat, dem Chicagoer Viertel „South Side“, verwurzelt, wo er auch die „Rebuild Foundation“ gegründet hat. Er nutzt räumliche Installationen, Verfremdung, Musik und Performances, um schwarze Kultur, Spiritualität und geschichtliche Zusammenhänge zu vermitteln. Er war mit einer Installation auch schon einmal im Münchner Haus der Kunst zu Gast, die der damalige Direktor Okwui Enwezor initiiert hatte.

Oft arbeitet er zudem mit Ton. Als Referenz für den Pavillon gibt er die flaschenförmigen Hochöfen der englischen Keramikfabriken an. Aber auch afrikanische Rundhütten aus Kamerun hätten ihn inspiriert – und natürlich das Pantheon. Der Serpentine Pavillon sei das größte „Gefäß“, das er bis jetzt geschaffen habe, wie er sagt.

Serpentine Pavillon, ein Andenken

In seiner Eröffnungsrede erzählt Theaster Gates außerdem von seinem kürzlich verstorbenen Vater, der als Dachdecker gearbeitet habe. In Erinnerung an ihn hängen deshalb sieben neue „tar paintings“ – Teergemälde – an der dunklen Wand und schimmern sanft im natürlichen Licht, das durch den Okulus fällt. Die Leinwände dieser Bilder sind mit silbriger Dachfolie bezogen, deren Blätter sich überlappen und aufwerfen. Sie erscheinen abstrakt und gleichzeitig bemerkenswert haptisch. Die Sonne wärmt die Südwand des Pavillons, gegen die man sich lehnt, und malt perfekte geometrische Formen – ein Oval, ein Rechteck sowie Dreiecke – auf die schwarzen Holzbohlen auf dem Boden.

Serpentine-Pavillon 2022 (Foto: Iwan Baan/Serpentine)
Foto: Iwan Baan/Serpentine

Reduzierte Form, bescheidene Kunst

Der Raum soll aber nicht nur Veranstaltungen dienen, sondern vor allem auch für die individuelle Kontemplation der Spaziergänger in Kensington Gardens da sein. Während der Sonnenkreis des Okulus langsam über die schwarze Wand wandert, wünscht man sich allerdings, dass etwas mehr von der Materialität und der künstlerischen Handwerklichkeit, die die Teerbilder ausstrahlen, auf den Serpentine Pavillon übergegangen wäre. So bleibt er mehr Hülle als Gefäß.

 

Erfahren Sie mehr über den Künstler Theaster Gates und das Konzept des diesjährigen Serpentine Pavillon hier.

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